Kraft macht im Alter vieles leichter

Sportwissenschaftler Andreas Bredenkamp empfiehlt: Muskeltraining als Körperpflege betreiben

Loccum/Porta Westfalica (pcw). Ob wir mit 80 Jahren einen Rollator benötigen? Dies ist jedenfalls weniger eine Frage der Gene. Vielmehr hängt es davon ab, ob wir noch genug Kraft besitzen, unseren Körper ohne Hilfsmittel vorwärts zu bringen. Und dafür kann jeder etwas tun, ist sich der Sportwissenschaftler Andreas Bredenkamp sicher: „Die Hälfte unseres Körpergewichts sind Muskeln – und die müssen bewegt werden.“

Und wie Muskeln am besten bewegt werden, steht für den ehemaligen Deutschen Meister im Bodybuilding außer Frage – nämlich durch Training. Genauer gesagt: Durch kräftigendes Training, das den Körper leistungsfähiger macht. Dazu gehört nicht zuletzt, ausreichend Pausen zwischen die Trainings zu legen, wie der gebürtige Ostwestfale (Bünde) in einer Vortragsveranstaltung unter dem Titel „Der sichere Weg zu besserer Gesundheit und mehr Lebensqualität“ in Rehburg-Loccum verdeutlichte. Mehr als 200 Zuhörerinnen und Zuhörer aus weitem Umkreis besuchten den Infoabend, den die Physiotherapeutin Petra Krohn als Inhaberin der Rehapoint-Praxen in Porta Westfalica und Rehburg organisiert hatte.

Über den Weg zu besserer Gesundheit und mehr Lebensqualität: Physiotherapeutin Petra Krohn, Inhaberin der Rehapoint-Praxen, stellte mit Andreas Bredenkamp einen renommierten Sportwissenschaftler und Buchautor als Referenten vor.

Über den Weg zu besserer Gesundheit und mehr Lebensqualität: Physiotherapeutin Petra Krohn, Inhaberin der Rehapoint-Praxen, stellte mit Andreas Bredenkamp einen renommierten Sportwissenschaftler und Buchautor als Referenten vor.

„Muskeltraining ist das wichtigste Mittel gegen Pflegebedürftigkeit

, denn Kraftlosigkeit ist das größte Problem im Alter “, betonte Bredenkamp. Doch wenn die Kraft nachlässt, liegt dies eher an mangelndem Training als am Alter. Und seit zunehmend Autos und Computer uns körperliche Belastungen ersparen, ist der tägliche Bewegungsmangel inzwischen so groß, dass selbst mehr Gehen oder Fahrradfahren oder Gartenarbeit nicht dazu ausreichen, eine kräftige Muskulatur zumindest zu erhalten. Ohnehin führt auch mehr tägliche Bewegung nicht zu zunehmender Leistungsfähigkeit, da sich der Körper schnell an ein Beanspruchungsniveau gewöhnt.

So wichtig Ausdauertraining auch auf für Herz und Kreislauf ist, die Körperkraft wird damit nicht dauerhaft gesteigert. Denn damit Bewegung zu mehr Kraft führt, müssen die Muskeln derart trainiert werden, dass es zu einer Superkompensation kommt. Dabei erholt sich der Muskel nicht nur nach dem Training, sondern baut sich über einen Mehrausgleich auf – „wie Hornhaut, die entsteht, weil es durch Abrieb zu einem stärkeren Hautaufbau kommt“. Zu diesem Mehrausgleich kommt es aber nur, wenn der Muskel dafür genug Zeit bekommt – also über die reine Erholungsphase hinaus. Als Daumenregel kann genommen werden: Wer beispielsweise Montags Gewichte hebt, sollte daher frühestens wieder Mittwochs kräftigende Übungen machen.

Ohne mit langsam steigerbaren Gewichten zu trainieren, ist ein Kraftaufbau laut Bredenkamp nicht möglich. Den ein Muskel muss ja immer wieder zu einer Mehrkompensation bewegt werden. Muskelpakete seien dadurch nicht zu befürchten, wie der frühere Bodybuilder betonte. Stattdessen werde aber das Bindegewebe beispielsweise an den Oberarmen und Schenkeln gestrafft. Zudem führe regelmäßiges Muskeltraining auch zu einer höheren Knochendichte. Ein ebenfalls nicht zu unterschätzender Effekt ist der Stressabbau durch Bewegung. Wer dafür sorgt, dass sich emotionale Überspannungen nicht zu sehr aufbauen, wird laut Bredenkamp keinen Burnout erleiden.

Wir bewegen uns zu wenig für das, was wir essen

Wieviel Kraft der einzelne Mensch benötigt, hängt nicht zuletzt von seinem Gewicht ab. Wer zuviel davon hat, isst aber nicht unbedingt zu viel, bewegt sich aber auf jeden Fall zu wenig. Wer also seinen Anteil an Körperfett reduzieren will, sollte folglich auf eine ausgewogene Ernährung achten und dabei seinen Kalorienverbrauch durch regelmäßige körperliche Betätigung in die Höhe schrauben.

Immer weniger zu essen kann den Worten von Bredenkamp zufolge nicht die Lösung sein – denn irgendwann muss man wieder etwas essen. Und die Pfunde, die in den ersten Tagen verloren werden, sind ohnehin vor allem Wasser aus den Muskeln. Denn Fett enthält kein Wasser. Wird weniger gegessen, reagiert der Körper, indem er seinen Stoffwechsel in einen Sparmodus bringt. Und in diesem verharrt er noch wochenlang – auch wenn längst wieder normale Mengen gegessen werden. Die Ursache für den bekannten Jojo-Effekt.

Weniger Essen bringt auf Dauer nicht weiter, wie Sportwissenschaftler Andreas Bredenkamp detailliert erläuterte. Fotos: Christian Weber

Weniger Essen bringt auf Dauer nicht weiter, wie Sportwissenschaftler Andreas Bredenkamp detailliert erläuterte. Fotos: Christian Weber

Wer möglichst gesund altern will sollte somit etwas dafür tun. Wer allerdings zuviel tut, verschleißt den Körper. Vernünftiges Training ist für Bredenkamp, d

en Körper immer nur soweit zu belasten, dass er sich wieder erholen kann. Er empfiehlt, Muskeltraining als Körperpflege zu betreiben. Dabei gilt es, durch minimale Steigerungen den Körper dazu anzuregen, seine Leistungsfähigkeit zu erhöhen – nämlich mehr Leistung ohne zusätzliche Anstrengung zu erbringen.

Und wenn keine Leistungsteigerungen mehr festzustellen sind, ist eine Änderung des Trainingsprogramms erforderlich. Wie der ehemalige Bodybuilder aus Erfahrung weiß, kann man durch Training letztlich nicht an die Grenze der persönlichen Leistungssteigerung kommen – allenfalls an die Grenze des Wissens, wie sich die Leistungsfähigkeit noch weiter steigern lässt.