„Mama, Papa, Auto“

Seine Handwerksausbildung sieht Sören Müller als Berufung: Bald hat er sie geschafft – und dann benutzt er wieder seine „Juleica“.

Petershagen (pcw). Ende Juli ist es soweit – dann fährt Sören Müller wieder auf eine Freizeit. Dieses Mal geht es mit 20 Kindern nach Dransfeld im Paderborner Land, denn der 21-Jährige fährt als Betreuer einer Jugendfreizeit mit. Trotz der Verantwortung, die er dabei trägt, nimmt er die Fahrt auch als eine Art Belohnung für sich. Denn dann liegt der Prüfungsstress komplett hinter ihm. Am 25. Mai legte er bereits die schriftliche Prüfung ab und am 3. Juli folgt im Handwerksbildungszentrum in Minden der praktische Teil der Gesellenprüfung als Kfz-Mechatroniker.

Als Betreuer steht Sören Müller auch am Herd, um für die Kinder Mahlzeiten zuzubereiten. Foto: privat

Seine letzte Jugendfreizeit liegt schon länger zurück – die Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker im Autohaus Plönges in Petershagen-Heimsen hatte für ihn Vorrang. Um so mehr freut sich Sören Müller jetzt auf die Tage mit den 9 bis 14 Jahren alten Kindern. Sie zu betreuen bei Aktivitäten wie beispielsweise Kraxeln im Kletterpark und Kinoabend macht ihm Spaß. „Wobei es schon eine Herausforderung ist, sich Respekt zu verschaffen“, sagt der 21-Jährige. „Man muss nett sein, darf aber nicht zu lieb werden.“ Er selbst nahm mit elf Jahren erstmals an einer Freizeit teil. „Das hat mir gut getan.“

Mit 15 hat der dann selbst die „Juleica“ gemacht – die Jugendleiter-Card. Danach ist er zweimal als Betreuer auf Jugendfreizeiten dabei gewesen. Mit Beginn der Ausbildung im Kfz-Handwerk wurde ihm das berufliche Fortkommen wichtiger. Denn das Schrauben an Autos ist für ihn nicht nur Beruf, sondern auch Berufung. „Mama, Papa, Auto waren meine ersten drei Worte – erzählt jedenfalls meine Mutter gern“, so der Noch-Azubi, der in Rehburg zuhause ist. Er selbst kann sich besser daran erinnern, dass er so mit zwölf Jahren angefangen hat, sich für alte Autos zu interessieren. Mit 16 Jahren machte er seinen Zweirad-Führerschein und war von da an mit einer Zündapp K80 unterwegs.

Bei einer seiner Ausfahrten ist er durch das Dorf Heimsen gekommen und hat dabei Oldtimer entdeckt – im Autohaus Plönges. Alte Schätzchen standen auf dem Hof. Und bei einem der Oldtimer-Treffen am Autohaus hatte er auch Gelegenheit, die Werkstatt zu besichtigen. Dabei beeindruckte ihn nicht zuletzt die breite Palette der an einer Wand hängenden Sonderwerkzeuge: Die Berufswahl war getroffen. Doch erst einmal ging es darum, seine Zeit an den Berufsbildenden Schulen Nienburg abzuschließen – mit dem Fachabitur, Schwerpunkt Elektrotechnik.

Als das Schulzeitende in Sicht kam, bewarb sich Sören Müller im Herbst 2015 im Autohaus Plönges. Zwei Wochen später erfolgte das Bewerbungsgespräch, bei dem vereinbart worden ist, dass er im August 2016 die im Regelfall dreieinhalb Jahre dauernde Ausbildung beginnt. Und der 21-Jährige hat es nicht bereut, denn in der Werkstatt bekommt er es mit Neuwagen wie auch mit Autos zu tun, die Jahrzehnte auf dem Buckel haben. „Bereits im ersten Jahr habe ich gelernt, Windschutzscheiben bei modernen Fahrzeugen einzukleben – und wie ich eine Fehlersuche bei einem alten Auto durchführe, das noch nicht über einen Diagnoseanschluss verfügt, mit dem ich per Computer Fehlermeldungen auslesen kann.“ Es ist für ihn interessant, immer wieder feststellen zu dürfen, wie sich in den vergangenen Jahrzehnten die Motor- und Fahrzeugtechnik am Auto verändert hat. „Was heute elektrisch läuft, hat früher oftmals schon mechanisch prima funktioniert.“

Das älteste Fahrzeug, an dem der Noch-Auszubildende bisher arbeiten durfte, war ein VW T1 Pritschenbulli. So etwa Ähnliches nennt er selbst sein eigen – eine „VW T3 Doppelkabine Pritsche“, Baujahr 1991. Den hat er sich zusammen mit Thorsten Hille gekauft, einem guten Freund aus dem Organisationsteam der Jugendfreizeiten. Zwei Jahre lang haben die beiden den Youngtimer restauriert. Im April ist er durch die Hauptuntersuchung beim Tüv gekommen.

Auch ein Grund, weshalb Sören Müller in den vergangenen Jahren wenig Freizeit für Jugendfreizeiten erübrigen mochte. Nicht selten war er noch in der Werkstatt im Autohaus zugange, wenn seine Kollegen sich bereits in den Feierabend oder ins Wochenende verabschiedet hatten. Er hat dadurch aber auch soviel gelernt, dass er seine Ausbildungszeit um ein halbes Jahr verkürzen durfte – regulär wäre er erst im kommenden Winter zur Gesellenprüfung zugelassen worden.

Wenn er in den nächsten Wochen seinen Gesellenbrief sicher hat, ist ihm zunächst die Jugendfreizeit wichtig; danach aber wieder seine Berufung: Erst drei bis vier Jahre Erfahrungen als Geselle sammeln und dann weiter durchstarten in eine Meisterausbildung oder als Servicetechniker.